Das KRITIS-Dachgesetz – und warum die Länder der Bundesregierung schon vor der Bundesratsbefassung ein Stoppsignal senden
Es passiert nicht alle Tage, dass die Bundesländer sich bemüßigt sehen, der Bundesregierung mit auf den Weg zu geben, wie man ein ordentliches Gesetz schreibt. Doch genau das ist jetzt geschehen – beim Entwurf des KRITIS-Dachgesetzes.
Ich hatte über den seinerzeitigen Referentenentwurf bereits berichtet und damals schon kritisch angemerkt, dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung, der aus dem CSU-geführten Bundesministerium des Innern stammt – also einem Verfassungsressort –, viele zentrale Punkte der späteren Ausgestaltung erst durch Rechtsverordnungen der Exekutive überlässt. Irgendwann habe ich sogar aufgehört zu zählen, wie viele Verordnungsermächtigungen in diesem Entwurf stehen – und die meisten davon ohne Zustimmung des Bundesrates.
Das hat mich nicht nur juristisch, sondern auch politisch stutzig gemacht. Denn Gesetze müssen so klar formuliert sein, dass Betroffene, in diesem Fall Unternehmen, erkennen können, ob sie betroffen sind und was genau von ihnen verlangt wird. Eine Regelung, deren wesentliche Punkte erst später durch die Exekutive konkretisiert werden, droht diese Klarheit zu verlieren.
Und genau hier haben die Bundesländer nun die Hand gehoben. Und zwar von alleroberster Ebene!
Sie tun dies nicht über den Bundesrat, denn dort steht nun erst die Befassung in den Ausschüssen vor dem ersten Durchgang an, sondern über einen Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK).
Die MPK ist kein Teil des Gesetzgebungsverfahrens, sondern eine Art politisches Koordinierungsgremium zwischen Bund und Ländern – mit dem Bundeskanzler oder der Bundeskanzlerin als regelmäßigem Teilnehmer.
Dass sich dieses Gremium so eindeutig zu einem soeben angelaufenen Gesetzgebungsverfahren äußert, bevor die Fachgremien und das Plenum des Bundesrates sich zu dem Entwurf äußern, ist daher bemerkenswert.
In ihrem Beschluss machen die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten unmissverständlich deutlich, dass sie den Regierungsentwurf in seiner jetzigen Form ablehnen. Ich zitiere:
Zur Beschreibung der Kritischen Infrastruktur im Dachgesetz soll die vollständige Nennung der Sektoren – ausdifferenziert in Branchen, kritische Dienstleistungen und gegebenenfalls kritische Prozesse – im Gesetz erfolgen.
Und weiter:
Die weitreichenden Regelungen zur Beschreibung und zur Ausgestaltung der Kritischen Infrastrukturen mittels Rechtsverordnung ohne Zustimmung der Länder lehnen die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder ab.
Damit ist die Botschaft klar: Die Länder werden nicht hinnehmen, dass zentrale Definitionen und Anforderungen außerhalb des Gesetzgebungsprozesses festgelegt werden – schon gar nicht ohne Beteiligung des Bundesrates.
Das ist politisch eine sehr deutliche Sprache. Denn der Entwurf ist zustimmungspflichtig. Wenn die Bundesregierung hier nicht nachbessert, wird er in dieser Form den Bundesrat nicht passieren.
Die nächste Bundesratssitzung ist für den 21. November 2025 angesetzt. Dort wird der Bundesrat seine offizielle Stellungnahme zum KRITIS-Dachgesetz verabschieden. Schon zuvor dürften die Ausschussempfehlungen einen klaren Hinweis geben, wohin die Reise geht.
Der politische Konflikt ist damit vorprogrammiert – und zwar noch bevor das parlamentarische Verfahren im Bundesrat überhaupt richtig begonnen hat.
Folgend habe ich den Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz im Wortlaut eingestellt:
MPK_TOP_09_Schutz_Kritischer_Infrastrukturen_in_Bund__Laendern_und_Kommunen
PS: Dieser Beschluss wurde laut der MPK-Tagesordnung nach dem „rechtssicheren Bestandsmanagement des Wolfes“, aber noch vor der „Stärkung der heimischen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie“ gefasst.
Und hier noch der #PolitikMonitor-Zeitstrahl zum Gesetzgebungsverfahren – zum Ansehen und Downloaden:
2025-10-29 PolitikMonitor KRITIS
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