Produktion von Referenentwürfen im BMJV!

In den vergangenen 72 Stunden hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gleich vier Gesetzentwürfe in Form von Referentenentwürfen veröffentlicht. Zu allen laufen jetzt die Konsultationsverfahren – Verbände und interessierte Kreise können sich jeweils mit Stellungnahmen dazu einbringen.

Im Folgenden stelle ich die Initiativen des BMJV kompakt vor:

Pflicht für Unternehmen zur Einführung eines elektronischen Widerrufsbuttons

Mit dem „Gesetzentwurf zur Änderung des Verbrauchervertrags- und des Versicherungsvertragsrechts“ soll die geänderte EU-Verbraucherrechterichtlinie umgesetzt werden. Umsetzungsfrist ist der 19. Dezember 2025. Kerninhalt ist die Verpflichtung von Unternehmen, den elektronischen Widerruf per Schaltfläche (Button) zu ermöglichen. Dies soll in Bezug auf Waren, Dienstleistungen und Finanzdienstleistungen gelten.

Vorgesehen sind insbesondere folgende weitere Änderungen:

  • Angemessene Erläuterungen von Finanzdienstleistungen
  • Einschränkung des „ewigen Widerrufsrechts“ (Verträge über Finanzdienstleistungen)
  • Kein Anspruch auf Vertragsbedingungen in Papierform mehr – Entlastung von Unternehmen angestrebt

Stellungnahmen interessierter Kreise können bis 1. August 2025 beim BMJV eingereicht werden. Stellungnahmen, die zum Diskussionsentwurf aus dem Dezember 2024 eingebracht wurden, wurde laut BMJV bereits in dieser Fassung des Entwurfs berücksichtigt.

 

Neue Vorgaben für Werbung mit Umweltaussagen und besserer Schutz vor manipulativen Designs bei Finanzdienstleitungen

Mit einem weiteren Gesetzentwurf plant das BMJV die Umsetzung von lauterkeitsrechtlichen Vorgaben zweier EU-Richtlinien:

  • EU-Richtlinie hinsichtlich der Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel durch besseren Schutz gegen unlautere Praktiken und durch bessere Informationen (Richtlinie 2024/825)
  • EU-Richtlinie in Bezug auf im Fernabsatz geschlossene Finanzdienstleistungsverträge (Richtlinie 2023/2673)

Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz Dr. Stefanie Hubig erklärt dazu:

‚Klimafreundlich‘, ‚biologisch abbaubar‘ oder ‚CO2-neutral‘: Solche Werbeaussagen klingen positiv, aber oft ist unklar, was genau sich dahinter verbirgt. Das wollen wir ändern: Werbung mit Umweltaussagen soll künftig voraussetzen, dass man die Aussage auch belegen kann. Das ist im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher – und im Interesse von allen Unternehmen, deren Produkte wirklich umweltfreundlich sind. Umweltaussagen dürfen nicht zu bedeutungslosen Worthülsen verkommen. Wir sorgen dafür, dass Verbraucherinnen und Verbraucher eine informierte Kaufentscheidung treffen können und der Wettbewerb mit Umweltaussagen fair ist.

Das BMJV fasst die relevanten Regelungen wie folgt zusammen:

Strengere Anforderungen für die Verwendung allgemeiner Umweltaussagen

Allgemeine Umweltaussagen über ein Produkt wie „nachhaltig“ oder „umweltfreundlich“ sollen nur noch zulässig sein, wenn sie auch belegt werden können. Sie dürfen nicht auf das gesamte Produkt bezogen verwendet werden, wenn die Umweltaussage tatsächlich nur auf einen Teilaspekt des beworbenen Produkts zutrifft. Werbeaussagen über künftige Umweltleistungen wie „bis 2030 sind alle unsere Verpackungen vollständig recyclingfähig“, muss künftig ein realistischer, öffentlich einsehbarer Umsetzungsplan beigefügt sein.

Besondere Anforderungen für Aussagen über die Kompensation von Treibhausgasen

Für die Werbung mit Aussagen über die Kompensation von Treibhausgasen sollen besondere Anforderungen gelten, da diese Aussagen besonders geeignet sind, Verbraucherinnen und Verbraucher in die Irre zu führen. Die Bewerbung eines Produktes mit einer CO2-Kompensationaussage wie „klimaneutral“ soll unzulässig sein, wenn die „Klimaneutralität“ des Produktes durch den Erwerb von CO2-Zertifikaten erreicht wird.

Klare Regelungen für die Verwendung von Nachhaltigkeitssiegeln

Nachhaltigkeitssiegel, die ökologische oder soziale Merkmale eines Produktes, eines Verfahrens oder einer Geschäftstätigkeit hervorheben oder fördern, sollen von staatlicher Stelle festgesetzt sein oder auf einem Zertifizierungssystem beruhen. Das Zertifizierungssystem soll eine Überprüfung durch Dritte vorsehen. Reine Selbstzertifizierungen sind nicht mehr möglich. Diese Regelung gilt, wie alle Regelungen des Gesetzentwurfs, branchenübergreifend.

Werbeverbot für Produkte mit bewusst begrenzter Haltbarkeit

Produkte, die so gestaltet wurden, dass sie nur eine begrenzte Haltbarkeit haben, dürfen von Unternehmern nicht mehr beworben werden, wenn ein Unternehmer Kenntnis von der bewussten Begrenzung der Haltbarkeit hat. Dieses Werbeverbot soll beispielsweise für Verkäuferinnen und Verkäufer von Elektrogeräten gelten, die wissen, dass die Herstellerin oder der Hersteller der Elektrogeräte absichtlich Bauteile von schlechter Qualität eingebaut hat, damit Verbraucherinnen und Verbraucher das Elektrogerät häufiger ersetzen müssen.

Verbot von manipulativen Online-Designmustern bei Finanzdienstleistungsverträgen 

Drei manipulative Online-Designmuster, sog. Dark Patterns, die Verbraucherinnen und Verbraucher beim Abschluss von Finanzdienstleistungsverträgen beeinflussen oder behindern, sollen verboten werden: Bei mehreren Auswahlmöglichkeiten soll eine bestimmte Auswahlmöglichkeit nicht hervorgehoben werden dürfen. Es soll künftig beispielsweise nicht mehr zulässig sein, nur den „Zustimmen-Button“ graphisch hervorzuheben. Es soll verboten werden, Verbraucherinnen und Verbraucher wiederholt zu einer Auswahl aufzufordern, obwohl diese Auswahl bereits getroffen wurde. Zudem muss das Verfahren zur Anmeldung und zur Beendigung eines Dienstes künftig vergleichbar ausgestaltet sein. Einen Dienst zu kündigen darf nicht etwa schwerer sein als die Anmeldung zu diesem.

Stellungnahmen interessierter Kreise können bis 25. Juli 2025 beim BMJV eingereicht werden.

 

 

Digitalisierung der Zwangsvollstreckung

das BMJV möchte mit diesem Entwurf den elektronischen Rechtsverkehr stärken und schlägt vor, dass im Rahmen der Zwangsvollstreckung künftig mehr Dokumente als elektronische Dokumente übermittelt werden können. Das BMJV sieht daher als Weg an:

  • Anträge und Aufträge in der Zwangsvollstreckung sollen künftig im Regelfall vollständig elektronisch gestellt werden können.
  • Im Anschluss an einen Antrag oder Auftrag in der Zwangsvollstreckung sollen sämtliche weitere Dokumente von Anwältinnen und Anwälten sowie Behörden an Gerichtsvollzieherinnen oder Gerichtsvollzieher zukünftig elektronisch übermittelt werden müssen.
  • Es soll geregelt werden, unter welchen Voraussetzungen dem Gerichtsvollzieher eine Geldempfangsvollmacht digital nachgewiesen werden kann. Zudem soll – klarer als bislang und auch für Rechtsanwälte – geregelt werden, dass die Verfahrensvollmacht digital nachzuweisen ist.

Es handelt sich hierbei um einen Gesetzentwurf, der in der letzten Wahlperiode der Diskontinuität unterfallen ist. Stellungnahmen interessierter Kreise können bis 1. August 2025 beim BMJV eingereicht werden.

 

Digitalisierung beim Grundstückskauf

Nach dem Entwurf sollen Grundstückskaufverträge künftig komplett digital vollzogen werden können:

  • Austausch von Dokumenten und Informationen zwischen Notaren, Gerichten und Behörden im Nachgang der Beurkundung eines Immobilienvertrags
  • Gerichtliche Genehmigung eines notariellen Rechtsgeschäfts und für die Erfüllung steuerlicher Anzeigepflichten der Notare

Es handelt sich hierbei um einen Gesetzentwurf, der in der letzten Wahlperiode der Diskontinuität unterfallen ist. Stellungnahmen interessierter Kreise können bis 15. August 2025 beim BMJV eingereicht werden.