Gesetzesflut oder Wahrnehmungsfalle?

Manchmal fühlt es sich an, als gäbe es jeden Tag ein neues Gesetz.
Nachrichten, Fachnewsletter, Social Media – der Strom an Meldungen reißt nicht ab.

Die nüchternen Zahlen seit 2018 zeigen jedoch:

📜 Gesetze
2018: 1.699
2025: 1.798 (+99)

📄 Rechtsverordnungen
2018: 2.721
2025: 2.896 (+175)

Ja, es gibt mehr – aber keinen juristischen Quantensprung.


Vielleicht ist es eher die Verdichtung der Aufmerksamkeit, die uns das Gefühl gibt, in einem Dauer-Gesetzgebungsmodus zu leben.

Ein Blick in die Paragraphenwelt und -historie:

  • Historisch: Reichsversicherungsordnung (1911) – 1 805 Paragraphen.

  • Minimalistisch: Gesetz über die Errichtung des Kraftfahrt-Bundesamtes – 5 Paragraphen.

  • Durchschnitt 2022*: knapp 29 Paragraphen pro Bundesgesetz.

Kernfrage bleibt:
Nicht die Zahl neuer Gesetze entscheidet über die Qualität unseres Rechtsstaates – sondern wie klar, verständlich und langlebig diese Gesetze sind.

Denn echte Rechtssicherheit entsteht erst, wenn Gesetze nicht nur aktuell, sondern auch verlässlich sind.

Mich beschäftigt damit nicht nur in der Sommerpause die Frage: Wie schaffen wir die Balance zwischen notwendiger Aktualisierung und langfristiger Verlässlichkeit…?

*Quelle: BMJ in BT-Drs. 20/721