AktivRente: der aktuelle Gesetzentwurf greift zu kurz. Selbstständige gehören in den Anwendungsbereich. Und zwar jetzt und nicht irgendwann.
Letzte Woche hat der Bundestag in erster Lesung den Gesetzentwurf zur AktivRente beraten und an den Finanzausschuss überwiesen. Genau dort müssen nun entscheidende Korrekturen erfolgen.
Denn: Der Entwurf fördert ausschließlich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die über die Regelaltersgrenze hinaus weiterarbeiten mit bis zu 2.000 Euro steuerfreiem Hinzuverdienst im Monat.
Aber: Für Selbstständige, die über das Regelrentenalter hinaus arbeiten – freiwillig oder aus wirtschaftlicher Notwendigkeit –, soll diese Förderung nicht gelten. Das ist nicht nachvollziehbar.
Der Gesetzgeber trennt künstlich nach Vertragsform
Warum soll es einen Unterschied machen, ob jemand nach Erreichen des Regelrentenalters einen Arbeits- oder Beratungsvertrag unterschreibt?
Gerade Expertise-Träger jenseits des Regelrentenalters arbeiten häufig projektbezogen weiter – für Unternehmen, Start-ups, Behörden, Wissenschaft und Beratung.
Eine steuerliche Begünstigung allein an die Vertragsart der Zusammenarbeit zu knüpfen, ist nicht sachgerecht. Und es entspricht weder der Realität des Arbeitsmarkts noch der demografischen Lage.
Die Begründung der Bundesregierung irritiert sehr
In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen zur AktivRente heißt es wörtlich:
„Die Bundesregierung sieht bei sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung das größte Potenzial. Bei Selbstständigen ist der Anteil derer, die im Regelrentenalter weiterarbeiten, bereits sehr hoch.“
Dass Selbstständige ohnehin häufig weiterarbeiten (müssen oder wollen), kann kein Grund sein, sie von einer Förderung auszunehmen. Das ist politisch wirklich dünn.
Bundesratsausschüsse wollen Selbständige einbeziehen
In ihren Empfehlungen sprechen sich beteiligte Fachausschüsse des Bundesrates dafür aus, auch die nach § 2 SGB VI pflichtversicherten Selbstständigen und die freiwillig gesetzlich versicherten Selbstständigen einzubeziehen.
Die Bundesregierung will das Problem vertagen
Seitens der Bundesregierung wird vertröstet: eine Erweiterung des Anwendungsbereichs auf Selbständige könne im Rahmen einer Evaluierung geprüft werden.
Wenn der Bedarf aber heute sichtbar ist, sollte er auch heute geregelt werden. Gesetzgebung ist dafür da, aktuelle Probleme zu regeln, nicht erkannte Lücken auf „in ein paar Jahren“ zu verschieben.
Mein Appell
Die demografische Realität macht nicht an der Grenze zwischen Arbeitsvertrag und Selbstständigkeit halt. Unsere Wirtschaft wird getragen von Unternehmen, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, Selbstständigen und Freiberuflern. Gemeinsam sind wir stark. Eine AktivRente, die nur einen Teil davon erfasst, geht am Thema vorbei.
Der Finanzausschuss und das Plenum sollten daher die notwendigen Änderungen JETZT vornehmen. Der Gesetzgeber ist der Bundestag, nicht das BMF.

