Anhörung zum Batterierecht macht Überarbeitungsbedarf des Gesetzentwurfs deutlich

Am 11. September soll bereits ein Gesetzentwurf zur Umsetzung der Vorgaben der EU-Batterieverordnung im Bundestag beschlossen werden (Batt-EU-AnpG). Aktuell liegt der Gesetzentwurf (zwei textidentische Entwürfe von Bundesregierung und Regierungsfraktionen) den Ausschüssen zur Beratung vor. Der federführende Umweltausschuss hat am 1. September eine Online-Anhörung durchgeführt. Die abschließende Beratung des Umweltausschusses ist derzeit für den 10. September geplant.

Wie der Vorsitzende des Ausschusses, MdB Lorenz Gösta Beutin (Die Linke) am Ende der Anhörung zutreffend anmerkte, ergeben sich aus der Anhörung verschiedene Anregungen, den Gesetzentwurf an der ein oder anderen Stelle noch zu ändern bevor er vom Plenum des Bundestages mit diesen Änderungen beschlossen wird.

Die Anhörung ist in der Mediathek des Bundestages eingestellt und sicherlich sehenswert für alle, die mit Batterien zu tun haben – sowohl Hersteller wie Handel und Entsorgungswirtschaft.

Aber auch für Verbraucherinnen und Verbraucher, Product-Compliance-Verantwortliche und Politikinteressierte eine Lehrstück, wie es ggf. zu eine allgemeinen Pfandpflicht für Batterien kommen könnte.

Denn die Schaffung eines Pfandsystems war neben der von mehreren Sachverständigen kritisierten überschießenden Umsetzung der EU-Vorgaben (Gold-Plating) eines der wichtigen Themen der Anhörung. Auch der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme eine Pfandlösung angesprochen (siehe Batterierechts-Briefing).

Spannend für alle Betroffenen – welche Änderungen am bisherigen Gesetzesentwurf könnten jetzt noch kommen?

Hierfür lohnt ein genauerer Blick, zu welchen Themenkomplexen die Abgeordneten der Regierungsfraktionen in der Anhörung Fragen stellten. Denn die Antworten auf diese Fragen geben diesen Berichterstattern der Fraktionen üblicherweise das notwendige Argumentarium für solche Änderungswünsche an die Hand.

Die Regierungsfraktionen fokussierten vor allem auf folgende Themen:

CDU/CSU (MdB Florian Bilic):

  • Verbesserung der Einbindung des Know-Hows der Hersteller
  • Verbesserung der bzw. Alternativen zur Abholkoordination
  • Praktikable Aufteilung hoheitlicher und nicht-hoheitlicher Aufgaben
  • (Verpflichtende) Markenregistrierung (für Online-Handel)
  • Geeignete ökologische Kriterien für Beitragsbemessung (Transparenz & Vergleichbarkeit)
  • Vermeidung von Gold-Plating/Überschießende Umsetzung von EU-Vorgaben

SPD (MdB Thews):

  • Darstellung der akuten Brandsituation
  • Verwertung mit Starterbatterien
  • Situation kommunaler Unternehmen insb. in Bezug auf Batterien von E-Bikes, Rollern etc.
  • Stand der Recyclingmöglichkeiten von Lithium-Ionen-Batterien
  • Potentieller Beitrag eines Pfandsystems zur Rohstoffsicherung bzgl. Lithium

 

Anhand der Fragen werden meines Erachtens mehrere Dinge deutlich: Es gibt noch einiges an Gesprächsbedarf zwischen den Berichterstattern der Koalition. Während der Fokus der CDU/CSU eher auf der Herstellerseite und das Gold-Plating lag, fokussierte sich die SPD mehr auf die Interessen der Entsorgerseite und die Einführung eines Pfandsystems (übrigens unterstützt von Bündnis 90/Die Grünen).

Mit einem ist jedenfalls zu rechnen: Der Gesetzentwurf wird geändert werden. Er bleibt nicht wie er jetzt ist. 

 

Der Vollständigkeit halber folgend noch eine

Auswahl der Kritikpunkte der Sachverständigen am Gesetzentwurf:

  • Keine Vollzugslücke auf nationaler Ebene, die eine „überhastete“ Verabschiedung des Gesetzes rechtfertigt.
  • Deutliches Gold-Plating über die Umsetzung hinaus, deutscher (negativer) Sonderweg

Zu Details:

  • Fehlende Herstellerbeteiligung – im Gegensatz zur Elektro- und Verpackungsregulierung. Mehrfaches Plädoyer für gemeinsame Herstellerstelle
  • Geplante behördliche Abhollogistik von fast 100.000 Sammelstellen
  • Regelungen passen nicht zu beschädigten LV-Batterien, Ausnahmeregelungen notwendig. Vorschlag: nur über Wertstoffhöfe
  • 1:1-Umsetzung der Markenregistrierung angemahnt
  • Einbeziehung ökologischer Kriterien in Beitragsberechnung (hier auch Gold-Plating)
  • Auskunftspflichten
  • Verlängerung der Übergangsfristen bzgl. der Rücknahme von LV-Batterien, Bedarf an geeigneten Behältern
  • Brandrisiken bleiben für Entsorger über Gesetzentwurf hinaus akutes Thema; Forderung nach u.a. Pfandsystem, einheitliche Kennzeichnung

Die vollständigen Stellungnahmen der Sachverständigen können hier abgerufen werden:

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Eine ausführliche Zusammenfassung der Positionen der Sachverständigen hat der Deutsche Bundestag zur Verfügung gestellt (Quelle): 

Kommunale Spitzenverbände kritisieren Bindungsfrist

Tim Bagner vom Deutschen Städtetag, unterstützte als Vertreter der kommunalen Spitzenverbände, dass mit dem Gesetz nun auch Hersteller von Starter-, Industrie- und Elektrofahrzeugbatterien zu einer Beteiligung an einer Organisation für Herstellerverantwortung verpflichtet werden sollen. 

Kritisch sehe die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände aber die geplante Bindungsfrist der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger von mindestens zwölf Monaten an eine Organisation der Herstellerverantwortung. Um eine gesicherte Abnahme von Altbatterien zu erreichen, müsse es möglich sein, die Herstellerorganisation kurzfristig zu wechseln, so Bagner. Nur so könne eine Zwischenlagerung von Geräte- und LV-Batterien, die bereits in der Vergangenheit zu Problemen geführt habe, vermieden werden.

Kommunale Unternehmen für Rücknahmepflicht

Dr. Holger Thärichen vom Verband kommunaler Unternehmen unterstützte das Vorhaben, dass künftig mehr Batterietypen an kommunalen Sammelstellen entgegengenommen werden sollen. Für die Unternehmen sei das zwar eine Herausforderung, aber private Haushalte brauchten eine Möglichkeit zur Entsorgung etwa von ausgedienten E-Bike-Batterien. 

Damit an den Sammelstellen ausreichend Spezialbehälter zur Verfügung stünden, um die „durchaus gefahrenrelevante“ Batterien anzunehmen, plädierte Thärichen allerdings dafür, die Rücknahmepflicht der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger für mit Low-Voltage-Batterien (LV-Batterien), wie sie auch in E-Bikes verwendet werden, erst zum 1. Januar 2026 in Kraft zu setzen. 

Problem von Bränden „blinder Fleck“ im Gesetzentwurf

Auf das Problem von Bränden, die durch falsch entsorgte Lithium-Ionen-Akkus verursacht werden, machte Anja Siegesmund vom Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE) aufmerksam. Die Brände gefährdeten zunehmend die Funktionsfähigkeit der deutschen Recycling- und Entsorgungsinfrastruktur. In dem aktuellen Gesetzgebungsvorhaben sei das Thema aber ein „blinder Fleck“. Siegesmund sprach sich dafür aus, Batterierecht und Elektrogerätegesetzgebung „zusammen neu zu denken“. Es brauche einen integrierten Ansatz aus vorbeugenden Maßnahmen, verbindlichen Rücknahmeregeln und finanziellen Absicherungen. 

„Die Lage ist wirklich akut“, drängte die Expertin. Der BDE gehe von 30 Bränden pro Tag aus, die Branche schätze „die jährlichen Gesamtschäden durch Batterien in einer hohen dreistelligen Millionenhöhe“, heißt es dazu in der schriftlichen Stellungnahme der Sachverständigen. Kaum ein Versicherer sei mehr zur Absicherung der Risiken bereit. Der BDE fordere deshalb die Einführung eines „wirksamen Pfandsystems“ für lose Lithium-Akkus und -Batterien sowie Geräte mit eingebauten Lithium-Batterien, so Siegesmund.

„Einmalige Zusatzpflichten ohne Mehrwert“

Keinen dringenden Handlungsdruck sah wiederum Georgios Chryssos von der Stiftung Gemeinsames Rücknahmesystem Batterien (GRS). Die europäische Batterie-Verordnung gelte bereits seit dem 18. August und sei aufgrund „sehr klarer Vorgaben auch direkt und ohne Durchführungsgesetz vollziehbar“. Es gebe keine „akute Vollzugslücke, die durch eine überhastete Verabschiedung“ geschlossen werden müsse. Im Gegenteil: Chryssos warnte davor, den Gesetzentwurf wie vorgelegt zu beschließen. Er gehe weit über EU-Vorgaben hinaus und schaffe europaweit einmalige Zusatzpflichten ohne erkennbaren Mehrwert für Umwelt oder höhere Sammlungsquoten. Besonders in der Kritik des Sachverständigen: die fehlende Einbindung der Hersteller. 

Anders als Elektrogesetz und Verpackungsgesetz sehe der Entwurf keine Gemeinsame Herstellerstelle (GHS) vor, die mit „Branchen- und Sachkompetenz“ etwa bei Brandrisiken durch Lithium-Batterien praxisgerechte Lösungen gemeinsam mit Marktakteuren und Behörden erarbeiten könne. „Völlig an den Marktrealitäten vorbei“ gehe die zudem geplante Einführung einer zentralen, behördlich gesteuerten Abholung für Industrie-, Starter- und Fahrzeugbatterien. Mehr als 100.000 Sammelstellen müssten mit zwölf verschiedenen Gefahrgutbehältern ausgestattet werden – das sei in keinem anderen EU-Mitgliedstaat so geplant, unterstrich der Experte. Deutschland drohe zu einem bürokratischen Negativbeispiel in der EU zu werden. 

„Deutsche Hersteller werden benachteiligt“

Ähnlich äußerte sich Gunther Kellermann vom Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI): Das „Goldplating“ benachteilige zwar vom Prinzip her keinen Batteriehersteller in Deutschland per se, aber es werde die Bewirtschaftung von Altbatterien komplizierter, aufwändiger und teurer machen als es die europäische Batterie-Verordnung eigentlich vorsehe, argumentierte der Sachverständige. 

Die Verordnung fordere zum Beispiel bei der Beitragsmessung lediglich zwei Kriterien. Die im Gesetzentwurf der Bundesregierung geplanten acht Kriterien machten die Beitragsmessung dagegen intransparent. Hersteller könnten die Beiträge nicht mehr vergleichen. Auch das Kriterium des CO2-Fußabdrucks werde deutsche Hersteller gegenüber anderen benachteiligen, so Kellermanns Einschätzung.

Warnung vor „Bürokratie-Moloch“

Grundsätzliche Kritik an dem Gesetzentwurf übte auch der von der AfD benannte Sachverständige Prof. Dr. Ing. Reinhard Müller-Syhre von der Gesellschaft für Fortschritt in Freiheit. In seiner schriftlichen Stellungnahme listet Müller-Syhre unter anderem die Kosten einer Vielzahl aufgrund des geplanten Gesetzes ausgelöster „bürokratischer Aktionen“ auf, die seines Erachtens zum „Gegenteil“ dessen führten, was das Gesetz „propagiert oder beabsichtigt.“ Auf Staat und Hersteller komme ein „gigantischer Moloch“ zu. Das sei „innovationsfeindlich“, warnte Müller-Syhre in der Anhörung.

Ausnahmeregelung für Rücknahme beschädigter Batterien

Antje Gerstein vom Handelsverband Deutschland (HDE) betonte, die Batterierücknahme im Handel sei bereits seit Jahren gelebte Praxis und habe sich bewährt. Die geplante Rücknahmepflicht von LV-Batterien und insbesondere ihre sach- und brandschutzgerechte Lagerung stelle aber die Unternehmen vor Herausforderungen. Zwar sei es begrüßenswert, dass nur jene Batteriekategorien zurückgenommen werden müssten, die die Unternehmen auch verkauften. Auch die Gewichtsgrenze von 45 Kilogramm sei praktikabel – zumindest für unbeschädigte LV-Batterien. Für die Rücknahme von sichtbar beschädigten Batterien, forderte Gerstein jedoch Ausnahmeregelungen. Diese sollen durch Wertstoffhöfe zurückgenommen werden, wo geschultes Fachpersonal Brandrisiken erkennen und minimieren könne.

Dem pflichtete der als Einzelsachverständiger von der Linksfraktion benannte Uwe Feige vom Kommunalservice Jena bei: Es sei tatsächlich fraglich, ob „Sicherheit und Hygiene“ in einem Handel, der für Lebensmittel organisiert sei, ausreiche. Wenn zudem ein Pfandsystem für Batterien gefordert werde, müsse gleichzeitig über den Vollzug gesprochen werden, „insbesondere beim Onlinehandel“.

Schlupflöcher für Hersteller durch Systembeteiligungspflicht

Auf eine andere „Schwachstelle“ des Gesetzentwurfs wies Dr. Marieke Hoffmann von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) hin. Ihr zufolge sehe die Umweltorganisation die Gefahr, dass Hersteller mit besonders umweltschädlichen Batterien höhere Gebühren umgehen, indem sie ihre Herstellerverantwortung individuell wahrnehmen. Aus diesem Grund brauche es eine Systembeteiligungspflicht für Hersteller, so Hoffmann, denn nur durch kollektive Rücknahmesysteme könnten wichtige Regelungen der EU-Batterieverordnung wirksam umgesetzt werden. 

Nach Auffassung der DUH setzt der Gesetzentwurf so Mechanismen der sogenannten Ökomodulation in Paragraf 10 „völlig unzureichend um“. Positive Umwelteffekte drohten zu verpuffen, so die Sachverständige. Skeptisch sieht der Umweltverband auch, ob mit der „aktuellen Systematik“ des Gesetzes, die von der EU vorgegebenen Sammelziele erreicht werden können. Das deutsche System belohne aktuell Organisationen für Herstellerverantwortung, die Sammelquoten „immer nur gerade so“ einhalten, kritisierte die Sachverständige. Die DUH spreche sich daher für verbindliche nationale Zwischenziele aus. Besser wären aber Anreize, damit „immer so viel wie möglich“ gesammelt werde.