Ende letzte Woche überschlugen sich die Ereignisse zur Wahl von drei Richter/innen zum BVerfG. Medial kochte das Thema hoch und brodelt immer noch sehr. Daher nun ein Versachlichungsbeitrag zur Debatte bevor die Demokratie noch mehr Schaden nimmt.
Denn jeder, der in den (sozialen) Medien nun das Absetzen der Wahlen von der Tagesordnung des Deutschen Bundestages öffentlich kritisiert, erweist – wie die dort handelnden Personen – unserer Demokratie einen Bärendienst.
Ja, man sollte seine Meinung sagen. Unbedingt gilt die Meinungsfreiheit. Dennoch sollte man immer überlegen, welche Folgen öffentliche Kommentare in diesem Themenfeld auf unsere Demokratie und die Positionen der politischen Ränder haben.
Daher gebe ich heute zwei sachliche Einblicke und kommentiere die Situation nur knapp:
Ich bin enttäuscht von der mangelnden Fähigkeit der Mitglieder des Wahlausschusses und der Fraktionsvorsitzenden von CDU/CSU und SPD (ja auch von der SPD), dieses Wahlverfahren angemessen und sachlich sowohl im inhaltlichen als auch kommunikativen Sinne durchzuführen.
Bringt das bitte wieder in Ordnung und redet erstmal hinter den Kulissen miteinander! Klärt Vorbehalte und Gerüchte über Kandidat/innen intern und nicht öffentlich. Und wenn die Wahlvorschläge des Wahlausschusses dann konsens- und mehrheitsfähig sind, setzt die Wahlen wieder auf die Tagesordnung des Bundestages. Und bitte keinen Tag eher!
Das Wahlverfahren
Es gibt ein sachliches Verfahren, das im Bundesverfassungsgerichtsgesetz sehr gut dargestellt ist, ergänzt um die Vorschriften in der Geschäftsordnung des Bundestages. Dieses habe ich in unten angefügter Datei für alle Interessierten aufbereitet und auch zum Download zur Verfügung gestellt.
Die Historie
Und auch ein Blick in die Historie* erhellte mich. Mein Learning nicht nur aus dem aktuellen, sondern auch den historischen Fällen: Das Bundesverfassungsgericht ist auch nicht bei den Wahlen seiner Senatsmitglieder gegen politische Dynamiken immun. Anlässlich dieser Wahlen kam es schon häufiger zu Konflikten zwischen Fraktionsdisziplin, Koalitionsabsprachen und persönlichen Eignungsfragen.
Verzögerung 1981 – Nachfolge von Martin Hirsch
Martin Hirsch (SPD-Kandidat) war ursprünglich vorzeitig für den Vizepräsidentenposten vorgesehen. Die Nachfolge wurde verschoben, da sich die SPD (intern!) nicht auf einen geeigneten Kandidaten (Claus Arndt oder Ernst‑Wolfgang Böckenförde) einigen konnte. Der Wahlvorschlag erfolgte erst mit Verzögerung im Mai 1981 – nach dem offiziellen Ausscheiden Hirschs im Januar –, und die Nachbesetzung fand erst im Juli 1981 statt.
Rückzug 1993 – Herta Däubler‑Gmelin (SPD)
Vorgeschlagen als Vizepräsidentin des BVerfG – Rückzug ihrer Kandidatur im Jahr 1993 nach erheblichen Widerständen seitens der Union
Geplatzte Kür 2015? – Ausschuss‑Absage für Robert Seegmüller
CDU/CSU schlugen im Oktober/November 2024 Robert Seegmüller (vom Bundesverwaltungsgericht) als Kandidaten vor. Die Nominierung wurde später zurückgezogen, da im Wahlausschuss absehbar ausreichende Mehrheit erreicht worden wäre.
2025-07_14 Wahlen Richter BVerfG
*Danke an ChatGPT an dieser Stelle für eine Recherche

