Jeder kennt Reorganisationen im eigenen Unternehmen – was das mit dem Regierungswechsel zu tun hat.
Überlegen Sie kurz: wie oft und wie regelmäßig gibt es in Ihrem Unternehmen eine Reorganisation? Wie viele Meetings und Abstimmungen – auch mit dem Betriebsrat – gibt es vorher dazu? Wie viele Mitarbeitergespräche werden geführt? Wieviel Widerstände gibt es zu überwinden und Fragen zu beantworten?
In der Politik ist es ein festes Ritual. Man stelle sich die Bundesregierung als Konzern vor. Das Bundeskanzleramt ist die Konzernholding und die Bundesministerien sind die Tochterunternehmen. (Die darunter angesiedelten Behörden wären dann die Enkelunternehmen).
Im Rahmen von Koalitionsverhandlungen wird nicht nur über Themen und künftige Gesetzgebungsvorhaben gesprochen. In der Öffentlichkeit kaum beachtetes Thema: Die Zuschnitte der Bundesministerien. In den Medien rauf und runter diskutiert werden die Personalien. Fast genauso wichtig, wenn nicht manchmal sogar wichtiger sind aber die Zuständigkeiten der einzelnen Ressorts (also der Tochterunternehmen).
Eine allererste Maßnahme, die aus dem Koalitionsvertrag folgte, war anliegender Organisationserlaß von Bundeskanzler Merz. Diesen hat er gestern abend nach der ersten Kabinettssitzung (die übrigens um 22 Uhr begann!) noch unterzeichnet – damit ist er gültig und der Change-Prozess kann offiziell beginnen.
Er ist das zentrale Dokument, dass die gesamte Reorganisation des „Konzerns“ Bundesregierung regelt. Welches Bundesministerium (=Tochterunternehmen) erhält welche Zuständigkeiten und wer muss was abgeben? Hinter jeder genannten Zuständigkeit stehen Abteilungen, Unterabteilungen, Referate und v.a. die Menschen, die all diese Themen bearbeiten.
Es ist ein höchst effizientes System, wenn man es mal mit einer Unternehmensbrille betrachtet:
Denn
💡 die Reorganisationen sind zeitlich klar absehbar: Immer nach einem Regierungswechsel
💡 die Reorganisationen erfolgen zumeist „Abteilungs-/Unterabteilungs-/Referats-„scharf: jeder weiß sofort um eine eigene (Nicht-)Betroffenheit
💡 die Reorganisationen passieren jedes Mal im selben System: per Organisationserlaß des/der Bundeskanzlers/in
💡 die Vorgespräche zu den Reorganisationen werden immer im Rahmen der Koalitionsverhandlungen geführt. Jede:r Mitarbeiter:in der Bundesministerien kann hier schon potentielle eigenen Betroffenheit mitverfolgen.
❓ Vielleicht kann ja in diesem Fall auch die Wirtschaft von der Politik lernen? Was denken Sie?
Und hier geht’s zum Organisationserlaß:
2025-05-06-organisationserlass-data
